Die japanische Küche ist im Laufe der Jahre vielen verschiedenen topographischen und klimatischen Einflüssen ausgesetzt gewesen. Jedoch haben die Japaner nicht einfach bestimmte Gerichte kopiert, sie haben sie vielmehr ihrem Geschmack angepasst und modifiziert, man sagt tatsächlich auch ‚japanisiert‘. Es gibt zwar durchaus regionale Vorlieben, jedoch keine ausgeprägte Regionalküche. Spezialitäten (meibutsu 名物) aus anderen Gebieten und Ländern sind sehr beliebt.
Frühzeit
Schon archäologische Funde aus der Jōmon-Zeit (8000 – ca. 300 v.u.Z.) deuten darauf hin, dass die japanische Gesellschaft aus Jägern und Sammlern bestand und sich insbesondere von der Fischerei ernährte. Gegen Ende der Epoche kam dann auch der Reisanbau und damit die Landwirtschaft auf. Diese technische Errungenschaft wurde in der Yayoi-Zeit (ca. 500 v.Chr. – 300 n.Chr.) perfektioniert. Die Landwirtschaft beruhte vor allem auf Nassfeldreisanbau. Fleisch, besonders von Kühen und Pferden, war ein Tabu, da diese Tiere benötigt wurden um das Feld zu bestellen. In der Heian-Zeit (784-1185) erweiterten sich schließlich die Zubereitungsarten um sashimi (刺身), yakimono (焼き物), nimono (煮物), shirumono (汁物), mushimono (蒸し物) sowie sushi (寿司), sōmen (素麺) und mochi (餅). Außerdem wurden Malz, Honig, amazura (甘葛) und getrocknete Kaki zum Süßen verwendet. Die Muromachi-Zeit (1333-1568) wird heute als ‚Eröffnungsperiode‘ der Japanischen Küche bezeichnet. Man machte große Fortschritte bezüglich der Zubereitungsarten, Präsentation etc. und besonders die Teezeremonie nahm einen großen Platz im sozialen Leben ein.
Geographische Prägung
Geographisch besonders prägend für die japanische Küche war die Nähe der Ryūkyū-Inseln im Süden zu den Philippinen und Indonesien, sowie Hokkaidō im Norden zu Sachalin und der Mandschurei und natürlich die Nähe zum asiatischen Festland. Aufgrund der räumlichen Nähe gab von dort besonders viele Immigrationen. Vor allem China und Korea waren einflussreich. So wurden beispielsweise der Reisanbau und die Sojabohne (Tōfu, Sojasauce, Miso) sowie Essstäbchen und Schalen aus China übernommen. Allerdings sind japanische Essstäbchen kürzer. Auch Rituale wie die ästhetische Teezeremonie, Gewürze und Kocharten, wie der Gebrauch von Öl, wurden aus China nach Japan gebracht. Einen besonderen Einfluss hatte auch die Einführung des Buddhismus im 7. Jahrhundert, der Blumen sowie Süßes als Opfergaben förderte und die vegetarische Küche bevorzugte und so für einen umfangreichen Ausbau dieser sorgte. Die kaiseki ryōri (懐石料理) Küche geht auf den Zen Buddhismus zurück und ist heute vor allem in Kyōto verbreitet. Aus Korea wurden Arten des Kochens, insbesondere die Schärfe des Essens, übernommen. Koreanisches Barbecue und kimchi (キムチ) sind Beispiele für übernommene Gerichte.
Auch die eigene Geographie übte Einfluss auf die regionale Küche aus. So sind in den kalten nördlichen Gebieten beispielsweise besonders haltbare, eingemachte Speisen (hozonshoku 保存食) beliebt. Es ist eine recht salzige Küche, wie sie auch in der Kantō Region zu finden ist, wo man häufig extra Sojasauce verlangt. Eine kulinarische Grenze verläuft zwischen der Kantō (vertreten durch Tōkyō) und Kansai (vertreten durch Kyōto) Region. In Kantō wird grundsätzlich schweres Essen bevorzugt und man verwendet viel miso (味噌). Beliebte Gerichte sind zum Beispiel tempura (天ぷら), sukiyaki (鋤焼) und sushi (寿司). Kansai Leute lieben eher leichtes Essen wie das der kaiseki Küche und bevorzugen klare Suppen sowie weißes miso.
16. Jahrhundert
Seit dem frühen 16. Jahrhundert hat Japan Kontakt zum Westen, insbesondere Europa. In der Azuchi Momoyama Zeit (1568-1600) war dieser vor allem auf Portugal und Spanien konzentriert. Es wurden zum Beispiel Süßkartoffel, Mais und Paprika importiert.
Am Ende der Edo Zeit (1600-1868) fanden umfangreichere Änderungen im Essverhalten statt. Nach der erzwungenen Öffnung des Landes 1854 versuchte man sich dem Westen anzugleichen und so modern zu wirken. Fleisch in verschiedenen Formen wurde beliebt – Gerichte wie karē raisu (カレーライス – Mitte des 18. Jhd. aus GB) oder tonkatsu (豚カツ) entstanden. Zur gleichen Zeit wurden vermehrt Milchprodukte wie Butter und Käse importiert und dem japanischem Geschmack angepasst. Es kamen weiterhin ölhaltige Gerichte wie tempura und aburaage (油揚げ) hinzu. Zuvor kochte man weitestgehend ohne Öl. 1913 kamen auch erste Fragen in Bezug auf Nahrungsbestandteile, Hygiene, chemische Zusätze und Stoffwechsel auf. Übrigens wird heute zum Beispiel in Okinawa besonders viel Schweinefleisch verzehrt (wohl polyn. / chin. Einfluss) und Hokkaidō ist heute noch für Milchprodukte bekannt. Die Adaption und Modifikation nennt man heute Yōshoku (洋食) – japanische Küche nach westlichem Einfluss.
Nach dem Zweiten Weltkrieg
Nach dem Zweiten Weltkrieg (1945) und der amerikanischen Besetzung führten die Sparmaßnahmen der 1970er Jahre zu erneuten umfangreichen Veränderungen in der japanischen Ernährung. Brot (pan パン) wurde eingeführt, Reis als Hauptnahrungsmittel ging seit den 1960ern zurück. 1986 wurden nur noch knapp die Hälfte der täglichen Kalorien durch Reis aufgenommen. Von edler ‚Haute Cuisine‘ bis hin zu einfachen Fertiggerichten und allem dazwischen, übernahm und modifizierte man allerlei Gerichte – es kam zu einer sogenannten ‚Verwestlichung‘. Ein Beispiel hierfür ist der fluffige Rührkuchen kasutera (カステラ), der schon im 16. Jahrhundert als ‚Pão de Castela‘ aus Portugal nach Japan gebracht und dort modifiziert wurde. Die herkömmliche Mahlzeitenstruktur mit Hauptgericht Reis und Nebengerichten bzw. Beilagen löste sich langsam auf, das Verhältnis wurde ausgewogener und Nebengerichte gewannen an Bedeutung – besonders durch den zunehmenden Konsum von Fleisch. Die Einführung der ersten Instantprodukte (Nudelsuppen) 1958 führte außerdem zu einer vereinfachten Kochhaltung. Ende der 1980er entstehen Mini-Nudelsuppen im Becher, ab 1995 wurden Familienpackungen diverser Gerichte angeboten. Vereinfacht wurde die Küche weiter durch Convenience Stores (コンビニエンスストア, kurz Conbini コンビニ) und Produkten im retoruto (レトルト) Verfahren (Lebensmittel werden durch hermetisch versiegelte Beutel konserviert). Das erste Produkt dieser Art war die Curry-Sauce Bon karē.
1970er Jahre
Mit Beginn der 1970er Jahre, gewannen westliche Fast Food Ketten wie McDonalds oder Kentucky Fried Chicken aus den USA an Beliebtheit und eigene Fast Food Restaurants öffneten. 1967 eröffnete mit Sapporo Ramen eine Kette für Nudelsuppen-Schnellrestaurants. Im selben Jahr folgte das erste ‚Fließband-Sushi Restaurant‘, 1969 kam Royal Host nach Japan. Es folgen weitere Ketten wie Kentucky Fried Chicken oder Mr. Donut. 1971 folgt McDonalds (seit 1992 umsatzstärkste Restaurantkette), 1974 Pizza Hut, Denny’s usw. Zu dieser Zeit gibt es auch bereits japanische Fast Food Ketten wie MOS Burger und Lotteria, sowie Bento-Ketten wie Hokka Hokka Tei und Pizza Heimlieferservices. Auf japanische Gerichte spezialisierte Restaurants nahmen allgemein ab, Cafés und Restaurants sowie Fast Food- und Family Restaurants nahmen zu. Diese waren aufgrund ihrer hellen Atmosphäre, der informellen Gestaltung und Transparenz der Preise besonders bei Jugendlichen beliebt. Dennoch ist auch das Fast Food in Japan durchaus dem japanischen Geschmack angepasst und nicht mit westlichen Gerichten gleichzusetzen. Den beliebten Teriyaki Burger gibt es beispielsweise nur in Japan. In den 1990er Jahren wurde heimisches Essen dann wieder so beliebt wie der Hamburger oder Pommes Frites.
Gegenwart
Heute gibt es in Japan auch westliche, südasiatische und lateinamerikanische Kräuter, Gewürze und Gerichte, sowie auch exotischere Einflüsse aus z.B. der Äthiopischen und Ägyptischen Küche. Ob Türkischer Kaffee oder Thai Suppen – alles ist denkbar und man probiert gerne etwas Neues aus. Viele Menschen essen außerhalb und bringen neue Ideen in die eigene Küche. Dabei ist luxuriöses Essen wie eh und je ein Statussymbol und beispielsweise Fleisch oder Obst sehr teuer.
Es lässt sich allgemein zwar einerseits ein fortschreitender Verlust von Wissen im Bezug auf die Zubereitung von Mahlzeiten sowie die abnehmende Zeit für deren Zubereitung feststellen, dennoch gibt es andererseits auch viele junge Leute, die sich für die japanische Küche interessieren. Kochen als Hobby wird zunehmend populärer, obwohl auch die Fast Food Ketten mit ‚gesundheitsbewussten‘ Lebensmitteln nachziehen. Einerseits werden mehr und mehr ausländische Gerichte eingeführt und verzehrt, andererseits wird wieder mehr Wert auf die traditionelle regionale Küche gelegt. Fakt ist jedoch, dass viele Mahlzeiten außer Haus eingenommen werden. Essen wird immer mehr zur Freizeitbeschäftigung. 1995 aß durchschnittlich jeder vierte Japaner außer Haus. Die beliebtesten Gerichte sind zum Beispiel Spaghetti, Hamburger und chin. Nudelsuppen. Gerade bei der älteren Generation (30+) sind aber ebenso japanische Gerichte wie sushi, soba (蕎麦) und udon (饂飩) beliebt. Aufgrund unterschiedlicher Tagesabläufe und zunehmender Erwerbstätigkeit der Frau ist es aber oft auch innerhalb der Familie nicht mehr möglich gemeinsam zu essen, sodass sich jeder nach seinen individuellen Bedürfnissen orientieren muss. Auch in Japan gilt somit: Auswärts essen ist oftmals günstiger, schneller, flexibler und dementsprechend für viele Menschen attraktiv.